Mittwoch, 4. Januar 2023

Tres dias

 

Primer día

 

Morgendämmerung. Der Himmel wolkenbehangen. Die Strassen voller Pfützen, Überbleibsel einer regenreichen Nacht. Darunter verbergen sich Schlaglöcher. Wir fahren im Zickzack. Zweimal schlägt das Auto hart auf.

    Um halb sechs Uhr erreichen wir die Klinik. Pünktlich, was eindeutig zu früh ist. Hier rechnet man mit dem Durchschnittskolumbianer, der in der Regel eine halbe Stunde zu spät eintrifft. So werden alle Termine eine halbe Stunde früher angesetzt. was für uns Pünktlichen ärgerliche Wartezeiten zur Folge hat. Wobei man auch warten muss, wenn man eine halbe Stunde später erscheint. Bis heute habe ich die ideale Ankunftszeit nicht herausgefunden. Vermutlich gibt es sie gar nicht. Ob zu früh, zu spät oder pünktlich: immer musst du nach dem Eintreffen warten, bis sich jemand bequemt, sich deines Anliegens anzunehmen.

    Im Warteraum der Klinik schauen wir Frühstücksfernsehen: Überschwemmungen, Werbung, Erdrutsche, Werbung, Überführung eines Drogenbosses, Werbung, ein paar Tote bei einem spektakulären Unfall eines Reisebusses, Werbung… Das Übliche also.

    Wir sind in dieser Klinik, weil sich Danika endlich ihre Brüste implantieren lassen will. Sie liegt mir damit schon seit Monaten in den Ohren. Jede Unterhaltung endet mit ihrer Frage, welche Grösse ich denn für angemessen halte. Die Diskussion hängt mir seit langem zum Hals hinaus. Mir kommt dabei immer wieder meine Arbeit beim Jelmoli-Versandkatalog in den Sinn. Das ist lange her, vor der Onlinebestellzeit. Ich musste damals auch Texte für Frauenunterwäsche abfassen und mit Angaben zu Körbchengrössen und Preisen versehen. Eine Heidenarbeit. Der Streit von Fräulein Nydegger, der Product-Managerin, mit dem Katalogverantwortlichen Peterhans drehte sich damals um die Frage, ob die Korsetts, die „Panzer“, wie er sich auszudrücken beliebte, und alle grossen Grössen auf einer einzigen Doppelseite abgebildet werden sollen, oder doch besser verteilt über die gesamte Unterwäschestrecke von sechzehn Seiten und in Nachbarschaft von attraktiven Tangas und anderer Reizwäsche. Den Sieg trug schliesslich Fräulein Nydegger davon mit dem Argument, es schmeichle schliesslich jeder festen Frau, in attraktiver Umgebung ihre Einkäufe zu tätigen. So platzierten wir Mieder, Hüftgürtel und Corsagen zwischen durchsichtigen BHs und hauchdünnen Höschen.

    Mein Rat an Danika zum x-ten Mal: nicht zu voluminös bitte. Du bist gertenschlank, gross und hast schmale Hüften. Alles eine Frage der Proportionen. 

    Vor dem chirurgischen Eingriff holte sie sich die Meinung verschiedener Ärzte ein, verglich auch die Preise und entschied sich dann für ein Ehepaar, welches als Team in dieser Klinik arbeitet. Die Frau soll dabei bereits im achten Monat schwanger sein, lässt mich Danika flüsternd wissen. Ich bin als Familienangehöriger hier. Kein Patient geht in diesem Land allein zu einem Arzttermin. Jeder kommt in Begleitung - es könnte ja etwas passieren, und dann ist man froh, jemanden bei sich zu haben…

    Jetzt wird Danika in den Operationsaal geführt, und ich packe meine vor unserer Abfahrt zubereiteten Sandwiches aus, klaube mit meinen fettigen Fingern den Kindle hervor und lese in Werner Herzogs Autobiografie Jeder für sich und Gott gegen alle. Die Lektüre ist eine atemlose Schilderung von Unglücksfällen, gefährlichen Situationen auf den Filmsets, Schiessereien, Drohungen (Stichwort: der tobende Klaus Kinski) und sonstigen Widerwärtigkeiten, die sich aber in letzter Minute oder beim dritten Anlauf immer wieder zu Gunsten eines für den Filmemacher erfolgreichen Ausgangs auflösen. Mir kommt diese Aneinanderreihung von oft aus (gespielter?) Naivität eingegangenen Gefahren und Risiken etwas eitel vor und in ihrer Häufung mit der Zeit auch etwas langweilig. Sie ist die seltsame Koketterie eines trotz aller Hindernisse vom Glück verfolgten, beharrlichen, alten Mannes, die ich beim Anschauen seiner Filme so nicht wahrgenommen habe. Seine Produktivität über all die Jahre als Film- und Opernregisseur, als Buchautor und Dozent ist beeindruckend. Ein Rastloser und Fleissiger, zweifelsohne.

    Zum Ausgleich zwischen den Kapiteln spiele ich auf dem Tablet ein paar Patiencen. Schade, dass dort das Spiel immer schon fertig ist, sobald alle Karten aufgedeckt sind. Das ist für mich unbefriedigend. Ich hätte es lieber, wenn ich nach dem Aufdecken aller Karten noch Ordnung schaffen könnte mit den vier Königen an der Spitze, so wie man das Geschirr in der Küche vor dem Weggehen noch gerne verräumt oder nach dem Aufstehen das ungemachte Bett noch geradezieht…

    In regelmässigen Zeitabständen werde ich über den Zustand der Patientin informiert. Das erste Mal teilt man mir mit, die Operation sei gut verlaufen, die Brüste befänden sich am richtigen Ort. Danika sei aber noch nicht aufgewacht. Eine Stunde später berichtet mir der diensthabende Krankenpfleger, Danika sei jetzt aus der Narkose erwacht, fühle sich aber noch etwas beduselt. Das dritte Mal erhalte ich die Mitteilung, Danika schlürfe jetzt eine warme Bouillon und fühle sich gut. In einer guten Stunde dürfe ich sie abholen. So ist es dann auch. Im Rollstuhl wird sie von der freundlichen Schwester Eliana in den Flur geschoben, und ich bin für einen Moment lang versucht, sie zu umarmen.

    Auf der Rückfahrt schweigen wir zunächst. Manifestiert sich in diesem Moment zwischen uns nicht eine gewisse Zufriedenheit, es trotz divergierender Lebenskonzepte gemeinsam geschafft zu haben und seit über sieben Jahren füreinander da zu sein? - Die Pfützen sind jetzt weggetrocknet und lassen die Schlaglöcher erkennen. Wir umfahren sie grossräumig, ja, elegant, fast übermütig schon. Vor unserer Ankunft erklärt mir dann Danika noch mit ungewohnt leiser Stimme, was sie in den nächsten acht Wochen alles nicht verrichten dürfe: Katzenkistchen leeren, den Tisch decken, kochen, abwaschen… eigentlich alles Dinge, die ich schon vor ihrer Operation im Alleingang erledigte. Ich muss leicht schmunzeln und kündige im Gegenzug an, am darauffolgenden Abend nicht zu Hause zu sein, weil ich mit Simon unser Einjähriges feiern möchte. Kein Problem, meint sie, und mobilisiert über ihr Handy sofort ein paar treue Freunde, die ihr morgen etwas Essen vorbeibringen werden.

    Zu Hause angekommen, bereite ich eine Hühnerbouillon mit Gemüseeinlagen zu. Danika scheint sie zu schmecken. Doch das Heben des Löffels tut ihr weh. Mein Angebot, ihr die Suppe einzuträufeln, lehnt sie aber entschieden ab. Es ist Zeit für den ersten Schmerzmittelnachschub.

    Der Nachmittag schliesslich ist nicht weiter erwähnenswert. Bei Danika dringt zwar Körperflüssigkeit durch den Wundverband. Ein Anruf in die Klinik aber beruhigt. Das sei normal. So ist eine ausgedehnte Siesta angesagt. Sie wird später von keinen weiteren Aktivitäten mehr abgelöst.  

 

Segundo día

 

    Einer meiner ersten Lovers hiess Markus Kägi. Das war Mitte der 70er Jahre. Wir hatten es nicht gut zusammen. Heute würde man von einer toxischen Beziehung sprechen. Sie war bittersüss und quälend. Irgendwie kam ich aber von ihm nicht los, und Markus wusste meine Verzweiflung genüsslich zu schüren und tanzte mir auf der Nase herum. Als sich nach zehn Monaten doch langsam ein Ende abzeichnete, sang Markus bei jeder Gelegenheit den damals grad in der Hitparade gespielten Schlager Ein Frühling, ein Sommer, ein Jahr… Stephanie Lindbergh besingt darin mit hartem R, dass die Erinnerungen bleiben, auch wenn nach diesem Jahr die Liebe ein Ende gefunden hat.

    Nachdem dieser Song bei unserer Trennung seine Schuldigkeit getan hatte, verkroch er sich für lange Jahre in mein Unterbewusstsein. Erst kürzlich poppte er wieder auf, und zwar genau in dem Augenblick, wo Simon und ich uns anschickten, unser Einjähriges zu feiern.

    Im Bewusstsein, dass mir Danika zwar nicht als Partnerin aber als Mann langsam zu entgleiten drohte, lernte ich wohl nicht ganz zufällig, aber unverhofft, im Pärkchen hinter der Basilica de Nuestra Señora de Lourdes einen jungen Studenten kennen. Er sieht nicht nur hinreissend aus, er scheint auch etwas im Köpfchen zu haben. Er studiert Jurisprudenz an der besten Universität der Stadt und stammt, wie sich im Verlaufe der Zeit herausstellen sollte, aus sehr gutem, vermögendem Hause, was alsogleich mein Vorurteil entkräftete, dass sich junge Männer nur dann gern auf ältere Herren einlassen, wenn bei diesen das Potential eines Sugardaddys erkennbar ist, der ihnen ein iPhone kauft, allfällige Studiengebühren begleicht, die Spitalkosten der kranken Grossmutter übernimmt und sie in angesagte Gaststätten einlädt.

    Doch Simon hat all dies nicht nötig. Sein Taschengeld reicht vom Kauf von Markenkleidern über Taxifahrten, Flugreisen in der Business Class bis hin zu Club-Besuchen. Und ich musste mich fragen, worin denn für diesen jungen Mann überhaupt der Reiz bestand, sich auf diesen Schweizer Pensionär einzulassen. Gerontophilie? – Simon kann es mir bis heute nicht erklären. Doch im Verlaufe des Jahres hörte ich wenigstens mit dieser sinnlosen Hinterfragung auf und begann, Simons Zuneigung einfach zu geniessen und im Gegenzug auch ihm meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn nur nicht plötzlich dieser verdammte Ohrwurm von Stephanie Lindbergh wieder aufgetaucht wäre und in meinen abergläubigen Gefühlen Verunsicherung geschürt hätte. Dieser Schlager spielte sich, völlig ungerechtfertigt, als unheilverkündendes Vorzeichen auf. Nichts deutete schliesslich auf ein Ende unserer Langzeit-Romanze hin, und schon fast trotzig traf ich Simon heute Abend, um unser Einjähriges zu feiern. Wir gingen ins Penta, eines unserer Lieblingsrestaurants, zehn Fussminuten von unserem Haus entfernt. Maria Adriana, die Besitzerin, kennen wir gut. Sie studierte in Europa Kunst und pflegt heute als Gastronomin beste Beziehungen zu Bogotás Oberschicht, zu welcher sie selbst auch gehört. So erstaunte es uns nicht weiter, als sie uns an diesem Abend wissen liess, dass eigentlich das ganze Restaurant für einen eleganten Event ausgebucht sei. Sie bot uns wenigstens das Katzentischchen draussen im Patio an.

    Beim Essen sprachen wir über Simons Papa, der seit seiner Rückkehr von einer Geschäftsreise nach Japan gegenüber dem Sohn ein seltsames Verhalten an den Tag legt. Plötzlich ist er ungewöhnlich streng mit ihm, will ihn erziehen, verhängt ein generelles Ausgehverbot, kürzt das Taschengeld und droht, ihn aus dem Haus zu werfen, sollte sich Simon nicht an seine Direktiven halten. Hintergrund ist ein Vorfall an der Universität, wo Simon nicht die beste Falle gemacht hatte, indem er einen Übeltäter deckte statt ihn anzuzeigen. Das hatte von Seiten der Fakultät einen Verweis zur Folge. Sicherlich ein leichtsinniges Vergehen von Simon, das mich als Vater auch sauer gemacht hätte. Doch die Fallhöhe der strengen Massnahmen ist deshalb so gross, weil vorher derselbe Vater seinen Sohn nach Strich und Faden verwöhnt hatte, ihm kostbare Uhren schenkte, unter anderen eine goldene Rolex, und dessen weiteren Wünsche von den Lippen abzulesen pflegte.

    Unser Treffen im Penta war also klandestin. Ich weiss nicht, was für eine Ausrede er erfunden hatte, um das Haus überhaupt zu verlassen.

Eben wurde die Hauptspeise aufgetragen, als die erwartete hohe Gesellschaft eintraf. Simon beobachtete die eintretenden Gäste und bemerkte erstaunt: „Ich kenne die, die sind im selben Club wie mein Vater“. Nur einen Moment später sprang er abrupt vom Tisch auf, wandte sich ruckartig um und schlich auf allen Vieren zum nahen Busch im Patio, hinter welchem er sich, so gut es ging, versteckte. Wie ein begossener Pudel blieb ich sitzen. Nach ein paar Minuten bekam ich auf mein Handy eine Textnachricht von ihm des Inhalts: „Mein Vater befindet sich unter den Gästen. Ich kann mich nicht zeigen, er würde mich entdecken. Sorry.“

    Statt für zwei zu essen, verschlug es mir den Appetit. Ich schrieb Simon zurück: „Ich warte auf dich draussen“. Ich liess mir darauf die leckeren Speisen einpacken, bezahlte und versuchte beim Hinausgehen herauszufinden, wer unter diesen vielen Leuten Simons Vater sein könnte, denn ich habe noch nie ein Bild von ihm gesehen. Kaum draussen, begann es zu regnen, und ich suchte einen Unterstand. Die unterschiedlichsten und widersprüchlichsten Gefühle standen bei mir in diesem Moment Spalier, und ich wusste nicht, welches ich wählen soll. Eines war geprägt von unverhoffter Abenteuerlust, ein weiteres von Irritation und Befremden. Ein drittes deckte gleichzeitig Ungläubigkeit und Ärger ab, und wieder ein anderes liess mich einfach nur lachen: Wie bin ich bloss in diesen falschen Film geraten? 

    Zeit verstrich, der Regen wurde stärker, die Papierverpackung des mitgenommenen Essens weichte allmählich auf. Je länger ich wartete, umso unwohler wurde es mir in der Rolle des unfreiwilligen Komplizen. Soll ich für mich einfach ein Taxi bestellen und Simon hinter dem Busch hocken lassen? Als ob die Situation nicht schon genug Sprengkraft gehabt hätte, ertönte just in diesem Moment in meinem Inneren das unselige Lied von Stephanie Lindbergh, und ich musste zu mir selbst sagen, du alter Trottel bist doch nicht 73 geworden, um so kindische Abenteuer, wie sie allenfalls unter Jungen begangen werden, zu bestehen. Simons Vater hätte schliesslich mein Sohn sein können. Alles hing irgendwie gewaltig schief an diesem Abend, und ich stand im Regen.  

    „Geh nach Hause“, textete mir Simon nach einer Weile, „ich warte, bis Papa aufs Klo geht, dann werde ich versuchen, mich an all seinen Freunden vorbei aus dem Restaurant zu stehlen und so schnell wie möglich nach Hause zu gelangen. Hast du bezahlt? Ich bin pudelnass. Schlaf gut. Ich liebe dich. Und vielen Dank fürs Essen.“

 

Tercer día

 

    Heute morgen fahre ich mit Danika zur Brustkontrolle. Das Korsett beengt sie. Der Brustkorb ist geschwollen. Die Brustwarzen jucken. Ich empfehle Babypuder. Von meinem nächtlichen Abenteuer im Penta erzähle ich ihr aber nichts. Ich warte unten im Auto, bis Danika von der Untersuchung zurückkommt.

    Über Mittag habe ich mit René abgemacht, einem Schweizer, dem ich vom letzten Treffen her noch ein Glas Wein und eine Tasse Kaffee schulde. Mein letzter Wissensstand bei ihm ist, dass er sich jetzt, nach seiner Pensionierung, mit seinem kolumbianischen Partner in Medellín niederlassen will. Heute aber äussert er plötzlich Bedenken, denn er will die Krankenkasse in der Schweiz nicht verlieren und auch nicht das Steuerdomizil, besonders jetzt, wo hier in Kolumbien nach den letzten Wahlen ein linker Präsident ans Ruder gekommen ist und mit massiven Erhöhungen der Abgaben droht. René weiht mich in seine Überlegungen ein und fragt mich um Rat. Soll er pendeln? Ein halbes Jahr hier, ein halbes dort? Soll er eines der beiden Appartements, die er sich in Medellín erstanden hat, verkaufen? Wieviel würde er heute dafür bekommen bei dieser Inflation? Was macht sein Partner, der keinen Schulabschluss und schon gar keine beruflichen Erfahrungen mitbringt, in diesen halben Jahren in der Schweiz? Und was würde René hier in Kolumbien in der anderen Jahreshälfte den lieben langen Tag tun?

    Statt aufmerksam seinen Erwägungen zu folgen, schweife ich ab und befrage mich, angestachelt durch Renés Fragen, selbst. Wieso habe ich für mich selbst bis heute noch kaum derartige Zukunftsgedanken angestellt? Bin ich, im Gegensatz zu René, leichtsinnig und sehe dem Unabdingbaren nicht genug deutlich ins Auge? Was, wenn ich pflegebedürftig werde? Was, wenn ich von Danika und Simon verlassen werde? Was, wenn ich das Gedächtnis verliere? Wird mir jemand den Arsch abwischen und beim Sterben helfen? - Ich habe keine einzige Antwort darauf parat.

    Ich befürchte, ich bin für René heute ein schlechter Ratgeber. Ich scheine im Gegensatz zu ihm in einer Weise in den Tag hineinzuleben, die wohl nicht ganz schweizerischem Standard entspricht. Sollte mich meine Sorglosigkeit mehr beunruhigen, als sie es tut?

    Plötzlich läutet mein Handy. Die Nummer ist mir unbekannt. Mit matter Stimme und schwerer Zunge meldet sich Simon. Er berichtet, er sei spät nachts, nachdem sich die geladene Club-Gesellschaft endlich aufgelöst habe, aus seinem Versteck gekrochen und vor dem Penta in ein Taxi gestiegen. Von da weg könne er sich aber an gar nichts mehr erinnern. Heute Mittag sei er dann völlig durchnässt und verdreckt hinter einem Gebüsch eines nahen Parkes mit blutverschmiertem Hemd und Platzwunden im Gesicht und an den Schultern aufgefunden worden. So habe es ihm die Polizei berichtet. Sie habe ihn darauf zu einem Arzt gebracht, der bei der Untersuchung im Blut betäubende Substanzen entdeckt habe. Alle Wertsachen seien weg und auch sein Handy. Er habe heftiges Kopfweh. Später sei er von der Ambulanz nach Hause gebracht worden, wo sein Vater ihn kühl und ohne grosse Anteilnahme mit den Worten empfangen habe, das alles wäre nicht passiert, wenn sich sein Sohn an die elterlichen Vorgaben gehalten hätte.

    Meine Aufmerksamkeit für René ist jetzt vollends dahin. Ich entschuldige mich bei ihm für mein merkwürdiges Benehmen, bezahle die Konsumation und verabschiede mich rasch und schnörkellos. Doch wohin mit meinen Sorgen? Simon liegt jetzt vermutlich im Bett und ist wohl vorerst keines vernünftigen Gedankens fähig. Ich auch nicht.



©Nikolaus Wyss

 

 Ich freue mich immer über Kommentare und Grüsse. Danke. Hier noch: Weitere Beiträge auf einen Click

 


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