Donnerstag, 28. Mai 2020

MILENA MOSER SCHREIBT MIR DAS VORWORT

Im Rahmen der Serie „Bevor mir die Zähne ausfallen“ ist heute ein freundschaftliches Arbeitsgespräch angesagt - wenn denn die Technik funktioniert. Denn für diese Unterhaltung verwendete ich zum ersten Mal ZOOM, ein geniales und einfaches Kommunikationsmittel, sofern man es beherrscht... Geplant ist nämlich mit dem Titel AUF DEM AMAKONG ein Buch, welches eine Auswahl von Texten umfasst, die ich über die letzten Jahre hier in Kolumbien als Blog-Beiträge schrieb und im Internet veröffentlichte. Dazu läuft momentan noch ein Crowd-Funding für dessen Grundfinanzierung, welches schon einigen Erfolg zeitigt (Stand: Ende Mai 2020). Der Gewinn aus dem Lesebuch soll den Suppenküchen hier in Bogotá zugute kommen. Denn der Hunger hier nagt bei weiten Teilen der Bevölkerung. Der überlange und zur Zeit immer noch anhaltende Corona-Lockdown in ganz Kolumbien verursacht Arbeitslosigkeit, Armut und Hunger. Zur Linderung des letzteren soll das Buch einen Beitrag leisten. Doch Freude herrscht, weil die Schriftstellerin Milena Moser das Unterfangen mit einem Vorwort unterstützt, auf das ich sehr gespannt bin. Ein bisschen Haue, das weiss ich jetzt schon nach dieser Unterhaltung, krieg ich auch noch ab. Doch sie ist, so habe ich es interpretiert, lieb gemeint. Gucken Sie selbst! Die Unterhaltung ist übrigens auf Schweizerdeutsch. Sorry.

 

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Dienstag, 26. Mai 2020

"So nimm denn meine Hände" - Ein Geburtstagsbrief

Das ist mein Götti Eugen Uhlmann, der in England lebte und meine Mutter in schwierigen Zeiten bei sich aufnahm

Lieber L.

Herzlich willkommen im Club der Ü70. Wir werden jedes Jahr mehr, Covid-19 hin oder her. Ich bin jetzt 71 und kann nicht klagen. Irgendwie geht das Leben weiter, auch wenn jetzt eine sieben da vorne steht.

Ich gratuliere dir zum Geburtstag und wünsche dir von Herzen alles Gute zum neuen Lebensjahrzehnt. Klar, die Gesundheit ist eines dieser guten Wünsche, aber auch die Gnade sich selber gegenüber und die Zuversicht. Du kannst nichts mehr ändern, was geschehen ist. Statt sich über Verpasstes und Unerreichtes zu grämen, wie es leider mein Vater bis zu seinem Lebensende immer wieder getan hat und uns alle damit verlegen und unglücklich machte, ist es alleweil besser zu akzeptieren, was passiert oder nicht eingetroffen ist. Die Gedanken daran sollen entweder – gut verschnürt – entsorgt oder wenigstens auf dem Dachboden abgelegt, oder aber als etwas Besonderes, Kostbares im Schatzkästlein der eigenen Erinnerungen aufbewahrt werden.

Zuversicht jedoch braucht Pflege. Denn mit 70plus öffnen sich so langsam jene Tore, hinter welchen sich keine guten Verheissungen verbergen. Der eine oder andere unserer Generation ist ja schon gestorben, zu früh, wie man sagt, oftmals mit einer vorausgegangenen Leidensgeschichte. Jeder Todesfall um uns herum alimentiert unsere schlimmsten Befürchtungen, eines qualvollen Todes sterben zu müssen, oder, noch schlimmer, nicht sterben zu können und mit einem immer schwerer werdenden und schmerzvolleren Rucksack voller Gebresten und mit Gedächtnisverlust dem eigenen Ende entgegenzuhinken, an Stöcken vielleicht, mit dem Rollator, im Rollstuhl, oder was auch immer das Schicksal an Fortbewegungsmitteln für uns bereithält. Gegen solche Szenarien hat Zuversicht einen schweren Stand und mutet zuweilen naiv an, was man in unserem Alter ja lieber nicht sein will. Gleichwohl, ich wünsche dir Zuversicht. Umso mehr. Damit kann man nämlich einen Spalt breit wenigstens durch jene anderen Tore blicken, welche ein schönes Alter prophezeien, ein erfülltes, friedliches, befriedigendes. Das gibt es nämlich auch.

In letzter Zeit gewann bei mir ein Lied an Bedeutung, das meine Mutter seit meiner frühesten Jugend zu einem ihrer bedeutsamsten, wichtigsten Lieder erklärte. Ich weiss nicht, was sie dazu brachte, so ein Lied zu favorisieren, doch meine Fantasie sagt mir, es hätte sie getröstet, als sie mit mir schwanger wurde. Von meinem Vater verlassen, reiste sie allein mit mir im Bauch für ein paar Wochen nach England, wo sie bei ihrem Onkel, meinem späteren Patenonkel, Unterschlupf fand. Und dann erkrankte sie schwer. Ich glaube, es ging ihr wirklich schlecht in jenen Tagen. Die Ärzte waren ratlos.

Die Anfangsworte dieses Kirchenliedes, das dir bekannt sein dürfte, gehen so: 

So nimm denn meine Hände / Und führe mich / Bis an mein selig Ende / Und ewiglich. /Ich mag allein nicht gehen, /Nicht einen Schritt; / Wo du wirst gehn und stehen, / Da nimm mich mit. / In dein Erbarmen hülle / Mein schwaches Herz / Und mach es gänzlich stille / In Freud und Schmerz; / Laß ruhn zu deinen Füßen / Dein armes Kind; / Es will die Augen schließen / Und glauben blind...

Es ist das Zugeständnis, dass nichts so läuft, wie man es eigentlich möchte. Es ist ein Fahrenlassen aller Hoffnungen. Es ist die bedingungslose Übergabe ans Schicksal, das es richten soll und wird. Das Lied endet so:

Wenn ich auch gleich nichts fühle / Von deiner Macht, / Du führst mich doch zum Ziele, / Auch durch die Nacht. / So nimm denn meine Hände / Und führe mich / Bis an mein selig / Ende / Und ewiglich.

Eine wunderbar friedliche, eingängige und trostreiche Melodie von Friedrich Silcher begleitet diesen Text der frommen Julie Hausmann.

Um auf meine Worte am Anfang zurückzukommen: du kannst an deinem gelebten Leben nichts mehr ändern, du kannst es einzig, wo nötig, anders und gnädiger bewerten und damit deinen inneren Frieden finden. Vor deinem Abgang soll der Schatten der Reue doch dem Lichte weichen.

Du kannst auch das, was dir noch bevorsteht, nicht antizipieren. Wie viele treiben Sport, um sich fit zu halten, und enden mit einem kaputten Herz in der Intensivstation. Wie viele halten sich mit viel Früchten, Nüssen und Gemüse gesund und bekommen gleichwohl Magenkrebs. Wieder andere opfern das Rauchen und sterben dann trotzdem an Lungenkrebs.

Das obgenannte Lied und die Zuversicht als Lebensmotto für ältere Herren wie du und ich setzen einen anderen Schwerpunkt. Der Verzicht auf irgendeinen Anspruch an eine vorausplanbare Zukunft birgt die Weisheit, dass es eh anders kommt als gedacht. Lass dich also überraschen und lass dich führen von unsichtbaren, aber spürbaren Händen namens Zuversicht.

Soviel für heute. Gehab dich wohl. Geniesse deinen Tag, lass dich feiern.

Stets Nikolaus
 

Donnerstag, 21. Mai 2020

ABSCHIEDSESSEN - Aus der Serie "Bevor mir die Zähne ausfallen"

In der kleinen Serie BEVOR MIR DIE ZÄHNE AUSFALLEN geht es diesmal um einen Abschied. Giuliana aus Rio absolvierte ein Praktikum in einer Logistik-Firma draussen am Flughafen, als die Covid-Pandemie alles stilllegte. Der Staatspräsident verordnete eine Quarantäne, und Giuliana verzichtete auf ihren Rückflug in die Heimat. Stattdessen zog Nico, der Geschäftsführer dieser Logistik-Firma, bei uns ein, worauf die beiden zusammen und wir alle zu viert diszipliniert im Home Office-Modus eine gute Zeit verlebten. Zwei Monate später bot sich Giuliana wieder eine Chance, nach Rio zurückzureisen. Diesmal nahm sie die Möglichkeit wahr und verursachte damit uns allen Abschiedsschmerzen, die ich mit einem letzten Abendmahl zu lindern versuchte. Es gab mit Speck eingerollte Tofu, Tomatenspaghetti und Mangold. Dazu einen Salat.
Doch nicht nur die Nachspeise versüsste das Abschiedsessen. Es kam gleich noch zu einer süssen Überraschung. Naja, so richtig überrascht hätten wir eigentlich nicht sein müssen. Und diese Überraschung unterliegt erst noch einer strengen Prüfung, die eben erst grad angelaufen ist.

 

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Donnerstag, 14. Mai 2020

SO EIN TAG WIE HEUTE - Ich entschuldige mich



BEVOR MIR DIE ZÄHNE AUSFALLEN heisst meine kleine Video-Serie von Beiträgen aus meinem Alltagsleben hier in Bogotá. Geplant war für heute ein Bericht über das Abschiedsessen mit meinen letzten Gästen. Giuliana flog am folgenden Tag mit einem Repatriierungsflug zurück nach Rio, und ihr kolumbianischer Geliebter Nico kehrte in sein eigenes Haus zurück. Wir hatten miteinander eine tolle sechswöchige Corona-Quarantäne verlebt, und das letzte gemeinsame Mahl endete mit einer wirklichen Überraschung (am nächsten Donnerstag sollte es dann klappen und die Überraschung gelingen). Soweit die Idee des vorgesehenen Beitrags. Doch irgendwie wollte alles nicht so, wie es sollte. Wetransfer war überlastet, ich verlor Dokumente, der Computer verlangte nach einem Update, das ich zu leisten nicht imstande war. 
Wie auch immer, der Beitrag war nicht bereit. Was tun? Ausfallen lassen? - Nicht ich. Die Treue meiner klitzekleinen, treuen Fangemeinde (ich glaube, sie besteht zur Zeit aus 15 AbonnentInnen) soll doch in irgendeiner Weise honoriert werden. Ich sitze deshalb hier am Frühstückstisch und serviere hier ein spontanes Birchermüesli. Guck hin.

 

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Donnerstag, 7. Mai 2020

DUSCHEN MIT NIKOLAUSI - Aus der Serie "Bevor mir die Zähne ausfallen"

Wer in dieser Folge meiner Serie "Bevor mir die Zähne ausfallen" die Seriosität des Vorhabens infrage stellt, ist vielleicht mit sich nicht ganz ehrlich. Sind wir nicht alle schon vor der Situation gestanden uns zu fragen, ob man uns bei unseren intimen Verrichtungen sehen könnte? Und sind wir nicht alle erpicht darauf, uns vor den Blicken Unerwünschter zu schützen? - Hier ist mir die Rumpelstilzchen-Geschichte wieder in den Sinn gekommen, und auch wenn ich weder singen noch dichten kann, erklingt hier zum krönenden Abschluss meiner kleinen Video-Recherche eine scherbelnde Variante des Rumpelstilzchen-Liedes. Und ja, leider kann man meine Gestalt beim Duschen tatsächlich erahnen. Wird mir das irgendwann gleichgültig sein, oder werde ich mir jetzt doch noch ein Deckweiss kaufen, um damit das Badezimmerfenster blickundurchlässig zu machen?

 

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