Montag, 25. März 2019

Beinebaumeln am Hirschengraben

Blick von der warmen Mauer des Hirschengrabens hinunter auf den Seilergraben

So, wie Träume zuweilen rätselhaft und scheinbar sinnlos die Nacht bestimmen, so beherrscht mich momentan am helllichten Tag eine Erinnerung, deren Sinn sich mir bislang nicht erschliessen will. Sie streift meine Gedanken seit Tagen und fängt damit an, dass ich mich immer darüber wunderte, dass der Seilergraben Seilergraben heisst und der Hirschengraben Hirschengraben. Beim Seilergraben kann ich mir den Graben noch halbwegs vorstellen. Dort hört die Altstadt auf, dort könnte ein Graben den allzu leichten Zugang zur Stadt verhindert haben. Doch dann gibt es diese Mauer bergwärts und auf dieser Mauer eine Strasse, die Hirschengraben heisst. Dabei ist dort weit und breit kein Graben erkennbar, sondern, wenn schon, eine Allee, ein Höhenweg mit Blick in die Wohnungen der Häuser am Seilergraben unten.
Stadthistorikerinnen und -historiker mögen diesen Umstand erklären können. Mir gefiel aber die Ungereimtheit der Grabennamen und deren Lage im Stadtganzen zu gut, um auf meine Fragen einleuchtende Antworten finden zu wollen.
Die Erinnerung, die mich jetzt heimsucht, geht so: Dass diese Mauer, die den Hirschengraben trägt, damit dieser nicht zum Seilergraben hinuntersackt, sich bei direkter Sonneneinstrahlung recht ordentlich erwärmt, diese Hitze bis zum späteren Abend speichert und wieder abstrahlt. Sitze ich auf dieser Mauer, wird es mir am Hintern warm. Zur Verweillust gehört auch, die Beine ins Leere baumeln zu lassen und nichts zu tun. Es ist später Nachmittag und die Sonne geht bald unter. Im Seilergraben aber staut sich der Verkehr, Bus und Tram profitieren wenigstens von ihrer Überholspur. – Ich weiss beim besten Willen nicht, wie es kommt, dass mir diese Szene auf der Mauer so vertraut ist. Als ob es zu meinem jugendlichen Alltag gehört hätte, dort zu sitzen und friedlich vor mich hin zu sinnieren. Doch offenbar genügten die wenigen Male dortigen Verweilens, um eine Erinnerung einzubrennen, die hier im kalten, regnerischen Bogotá plötzlich wieder hochkommt, als ob sie hier zu ihrer besonderen Bedeutung gelangen würde. Ist das eine verschrobene Art von Heimweh an alte Zeiten, die auch dann nicht zurückkommen würden, könnte ich heute noch auf dieser Mauer sitzen?


© Nikolaus Wyss

Zumindest geografisch verwandt mit diesem Beitrag sind diese Einträge:     - Winkelwiese 6  und  - An der Winki

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Dienstag, 19. März 2019

Stägeli uuf, Stägeli ab juhee (Tagebuch 3)

2. März 
In meinem Facebook-Freundeskreis gibt es einen mir nicht näher und nicht persönlich bekannten Menschen, der seit Jahr und Tag mit Krankheiten, Herzinfarkten in Serie, allerlei Rückschlägen von Kopf bis Fuss und mit Notfall-Einweisungen konfrontiert ist. Seine schlimmen Erfahrungen mit Spitälern und Ärzten, in seinen Augen allesamt inkompetent, sind Legende. Manchmal postet er Nahaufnahmen seiner offenen Beine, das andere Mal sieht man die Schläuche, wie sie an seinem Spitalbett herunterbaumeln. 
Fein säuberlich und akribisch lässt er die Leserschaft an seinem Krankheitsverlauf teilhaben, schimpft und jammert zuweilen, manchmal glänzt er auch mit Galgenhumor und gewährt uns so Einblick in seine Befindlichkeit und in mancherlei Grenzerfahrungen.
Grenzerfahrungen aber machen auch wir in der Konfrontation mit seinem Schicksal, mit diesem schmerzvollen Aufundab. Wie können wir uns gegenüber so wenig Verheissung und Hoffnung nur verhalten? Sind wir in der Lage, darauf adäquat zu reagieren? Die Lektüre der Antworten auf dessen Posts ist ein interessantes und spannendes Panoptikum von Äusserungen der Anteilnahme, des Mutmachens, der eigenen Ratlosigkeit, zuweilen auch der versteckten Abscheu, des Entsetzens und des Sarkasmus. Der Mann hat schon so vieles durch- und überlebt, dass man schon gar nicht mehr glaubt, dass er je einmal an seinem Leiden sterben könnte. 

Jetzt sind bei ihm zum wiederholten Mal Suizidgedanken en vogue. Auf tiefgrauem Hintergrund schreibt er zum Beispiel: "Noch zwei Wochen wie die letzten. Wie es aussieht: Zeit für Suizid (Pentotal)". Und flugs stehen fb-Freunde in den Löchern, um ihm dies mit den unterschiedlichsten Strategien und Worten auszureden. Da heisst es zum Beispiel:
"Also zwei Wochen sind ja überschaubar", worauf der Patient antwortet: "Zeitlich ja, aber überlebbar nicht." Und der Helfer legt nach: "Jetzt bist du dem Tod so oft von der Schippe gesprungen." 
Hier könnte nun ein 254 Seiten umfassender Zitatenschatz des abwechslungsreichen Krankendiskurses folgen, der für einen findigen Verleger ein gefundenes Fressen wäre. Nur so als Tipp. Variante: Würde ich von einem Psychologie-Studierenden gefragt, worüber er denn eine Doktorarbeit schreiben solle, so gäbe es hier genügend Stoff für eine interessante Analyse, wie eine Social-Media-Leserschaft mit Grenzerfahrungen eines ihrer Freunde umgeht. Shitstorms sind bisher ausgeblieben. Irgendwie tröstlich.

4. März
Letzte Nacht habe ich mich wieder einmal in Schlaflosigkeit geübt und dafür Radio gehört. Bei Gabriel Faurés wunderbarem Lied Après un rêve begann ich vor mich hinzuweinen. Morgens um drei: 

Après un rêve 

Dans un sommeil que charmait ton image 
Im Schlaf erschien mir dein Antlitz 
Je revais le bonheur ardent mirage, 
Ich  träumte vom feurigen Glück 
Tes yeux etaient plus doux, ta voix pure et sonore, 
Deine Augen waren so lieblich, Deine Stimme schön und rein
Tu rayonnais comme un ciel eclaire par l'aurore; 
Du strahltest wie der Himmel beim Sonnenaufgang 
Tu m'appelais et je quittais la terre 
Du riefst mich und ich erhob mich 
Pour m'enfuir avec toi vers la lumiere, 
Um mit zu dir ans Licht zu gelangen
Le cieux pour nous entr'ouvraient leurs nues, 
Der Himmel öffnete für uns seine Wolken 
splendeurs inconnues, 
welch unbekannte Herrlichkeit,
Ieurs divines entre vues, 
welch himmlischer Anblick 
Helas! Helas, triste reveil des songes, 
Doch dann, welch trauriges, sorgenvolles Erwachen
Je t'appelle, o nuit, rends-moi tes mensonges, 
Oh Nacht, gib mir deine Lügen zurück 
Reviens, reviens radieuse, 
Komm, komm wieder, frohlocke, 
Reviens, ô nuit mystérieuse! 
Komm wieder, du geheimnisvolle Nacht
(Französischer Text: Romain Bussine)
 
So gefühlvoll dieses Lied, so abgrundtief romantisch und vollkommen schön. Und ich erinnerte mich plötzlich, wie ich damals vor über 40 Jahren in unserem Haus an der Bocklerstrasse in Schwamendingen am Klavier sitzen und meinen Freund und Mitbewohner, den Musikstudenten und Sänger Hans-Martin Bossert, zu diesem Lied begleiten durfte. Ich war stolz, dass ich ohne zu üben den Klavierpart schaffte und so am Wunder dieser Musik teilhaben konnte. Und dann streifte mich letzte Nacht der unangenehme Gedanke auch noch, dass ich mich ein Leben lang wohl eher unterfordert habe. Statt diese himmlische Melodie als Aufforderung zu verstehen, das Klavierspiel noch besser zu beherrschen und mit Hans-Martin zum Klingen zu bringen, zum Beispiel für die hinreissenden Richard Strauss-Lieder oder den ganzen Liedschatz von Schubert, Schumann und Brahms, liess ich es aus lauter Bequemlichkeit bei diesem einen Höhepunkt bleiben und wandte mich weniger anforderungsreichen Tätigkeiten zu. 
Ich bin heute der Meinung, dass mein Leben fast ausschliesslich aus Schlupflöchern bestand, um mich vor den anforderungsreicheren Teilen zu drücken, davor, mit Ehrgeiz und Ausdauer Ziele zu erreichen. Dieses eine Lied erinnert mich an uneingelöste Vorhaben. Heute lädt es mich nostalgisch dazu ein, in dem, was nicht geschehen ist, keine Defizite zu erkennen, sondern das Leben so zu nehmen, wie es mir halt widerfuhr. 

5. März
Meine Erfahrungen mit der Parahotellerie: Am meisten lassen meine Gäste beim Abschied ihr Haar-Shampoo zurück. Musste seit letztem Sommer keines mehr selber kaufen. Und mein Haar bedankt sich für die Abwechsung der Düfte und der Wirkkraft...

6. März
Mein venezolanischer Freund Rodrigo berichtet mir heute einmal mehr entnervt über die Grenze hinweg: «Pero para los políticos revolucionários es mentira que pasa algo. Siempre buscan una excusa y un culpable a todas las desgracias.» - Oder auf Deutsch: «Für die revolutionär gesinnten Politiker hier ist alles nur Lüge, was über die aktuellen Vorgänge berichtet wird. Sie suchen immer nach einer Ausrede und nach Schuldigen für das herrschende Elend.» 
Und dann gibt es einen ganzen Hardliner-Block von Menschen, auch in der Schweiz, die einem weismachen wollen, dass Nicolás Maduro die einzige richtige Lösung sei für dieses Land am Abgrund, demokratisch legitimiert und deshalb unantastbar, denn die Amerikaner hätten es eh nur aufs venezolanische Oel abgesehen. Derweil überqueren bei Cúcuta täglich Hunderte wenn nicht Tausende von Flüchtlingen die Grenze, wollen dem Hunger entkommen und den Grosseltern zu Hause Geld heimschicken, und wenn sie hier in Bogotá landen, so verkaufen sie Schleckzeug in den Bussen, die Kleinkinder auf dem Arm, und viele der Jungen und Gutaussehenden versuchen, sich mit Prostitution über Wasser zu halten. Die Online-Dating-Portale Grindr und Tinder laufen heiss. Ich habe mich dort schon mit attraktiven Zahnärzten und Hochschullehrern unterhalten, die sich für eine Pizza verkaufen würden. 

19. März
Ich weiss etwas, was sie nicht weiss und nicht einmal ahnt. Sie wächst heran, und wenn sie nicht vor sich hindöst, schleckt und putzt sich in einem fort, lässt Haare zurück, frisst in einem Zug den Napf leer, wenn es Futter gibt, und geniesst sowohl die Ruhe des Augenblicks als auch meine Gesellschaft. Manchmal ist sie zu wildem Spiel aufgelegt, so krallig, dass Möbel und Kleider Maschen lassen. 
Würde ich es ihr sagen, was ihr bevorsteht, würde sie es weder verstehen noch begreifen, so dass mir in dieser Angelegenheit nur der quälende Monolog bleibt, der in der existentiellen Frage mündet, ob es mir überhaupt erlaubt ist, ihr die Chancen auf Mutterfreuden zu unterbinden. 
In zwei Tagen schon werden wir sie zum Tierarzt bringen, und belämmert wird sie nach einem halben Tag als ein anderes Tier zurückkehren, mit Halskrause bestückt, welche sie bestimmt mehr als nur stören wird. Kein Kater wird sich je um sie bemühen und seine Duftnoten am Eingang hinterlassen. Sie wird träge werden und gefrässig bis zum Dicksein, und ich werde Schuld auf mich geladen haben und habe dafür erst noch 180.000 Pesos bezahlt. 

©Nikolaus Wyss


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Montag, 4. März 2019

Stress Design (壓力設計)

Gastdozent Wyss mit einer gelehrigen Studentin, diese politisch unkorrekt umarmend

Kaum wurde im Laufe des Jahres 2009 meine Kündigung als Rektor der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Luzern ruchbar, meldete sich mein chinesischer Kollege und Freund Zhan Binghong, gratulierte mir zum Entscheid und schlug mir vor, an seiner Universität, dem Beijing Institute of Fashion Technology (BIFT), ein paar Kurse zu geben. Er fragte mich, welche Themen mir denn am Herzen lägen, und unterbreitete mir für den bevorstehenden Einsatz gleich einige Zeitfenster.
Hoch motiviert heckte ich vier Vorschläge aus, von denen ich annahm, sie bei genügender Vorbereitung zu meistern:
1. Interculturality and Design
2. Design as Factor of Added Value
3. Branding and Specific Local Needs
4. Diversity Design
Binghong antwortete schon am nächsten Tag und erklärte, die ersten drei Punkte seien bereits Thema an seiner Uni, doch Punkt vier würde ihn besonders interessieren, denn er habe davon noch nie etwas gehört.
Nun, mir ging es genauso. Ich interessierte mich zwar für den Faktor Diversität in arbeitsteiligen Produktionsprozessen, doch viel mehr als dieser attraktive, vielversprechende Modultitel war auch mir damals nicht bekannt. Überzeugt, diese Herausforderung aber mit genügenden Informationen hinzukriegen, liess ich zur Sicherheit noch unseren Forschungsbeauftragten zu mir aufs Rektorat kommen und bat ihn abzuklären, was denn in Wissenschaftskreisen unter Diversity Design schon alles publiziert worden sei. Ein paar Tage später meldete er sich mit einer Ausbeute, die mich mehr als nur ratlos machte. Ausser für einen Tattoo-Schuppen im US-Staat New York war damals gemäss seinen Recherchen dieser Begriff nirgends gebräuchlich.
Da begann ich zwischen der Angst eines Hochstaplers, entdeckt zu werden, und der Unbekümmertheit eines Draufgängers, für den es immer eine Lösung gibt, hin und her zu schwanken. Diese Ambivalenz gegenüber diesem Nicht-Thema hielt auch noch an, als ich mich Monate später in Beijing im Hotel Tibet einquartierte. War das Haus nicht eine wunderschöne Verkörperung des chinesischen Umgangs mit Diversität? Das Hotel hiess zwar grosszügig nach einer beachtlichen und gefürchteten Minderheit im Land, unterschied sich aber ausser durch ein paar Fotos von Stupas und Berglandschaften des Himalaja im Flur in nichts von einem gewöhnlichen Hotel, wie es sie im chinesischen Reich zu Tausenden gibt. Das Zimmer war überheizt, gleichzeitig zog es durch die Fensterritzen. Der Smog verhinderte die Sicht vom 15. Stockwerk hinunter auf die Strasse, und für meine Stadtgänge kaufte ich mir in einer nahen Apotheke einen grünen Atemschutz, wie er in unseren Breitengraden nur bei medizinischem Personal üblich ist, dort aber jeder zweite im öffentlichen Raum trägt.
Ich rang mich durch, den Workshop unter den halbwegs ehrlichen Titel Diversity Design – Wir untersuchen die Tauglichkeit eines vorerst noch unbekannten Begriffs zu stellen. Der Übersetzer, der mir zur Seite gestellt wurde, ein blitzgescheites Kerlchen, das vordem bei Microsoft Apps entwickelt hatte, brauchte jeweils für die Mandarin-Version meiner englischsprachigen Ausführungen doppelt so lang. Oft fragte ich mich, was er sonst noch alles zu sagen hatte ausser dem, was er zu übersetzen verpflichtet gewesen wäre.
Die Gruppe von etwa 20 Studentinnen und Studenten war hochmotiviert, aber auch so, wie ich Studierende von Luzern her kannte: Sie waren jeder Reflexion und jedem theoretischen Gedanken abhold und zogen das Gestalten vor, noch bevor sie genau wussten, was es denn überhaupt zu gestalten gab. Ich hingegen legte mehr Wert aufs Ausdeutschen des Begriffs Diversität und bemühte mich, mit drastischen Bildern dessen Reichtum, gesellschaftlichen Mehrwert und Komplexität zu schildern. Wie nebenher strich ich die Notwendigkeit hervor, dass dies auch ein Thema für Designer sei. Ich sprach von geistig und körperlich Behinderten und von Rollstuhlfahrerinnen, von Frauen und Männern, von Rechtlosen, Stadtstreichern, Wanderarbeitern, Seniorinnen am Rollator, von Homosexuellen und braven Familien, um das Bild einer vielgestaltigen Gesellschaft zu skizzieren, wie es gerade China auszeichnet, das bevölkerungsreichste Land der Welt.
Eisiges Schweigen war die Antwort. Hatten sie mich nicht verstanden? Oder hatte das Kerlchen falsch übersetzt? Oder berührte ich Themen, die als absolutes Tabu galten, auch unter jungen Studierenden, die ihre angebliche Unkonventionalität doch mit gefärbten Haaren und extravaganter Kleidung spazierenführten? Wobei: Im Klassenzimmer war es so eisig kalt, dass alle über ihren Tattoos, ihren bunten Hemden und Tüchern als oberste Schicht noch dicke, einförmige Daunenjacken trugen oder graue Wollmäntel. Wenn wir uns unterhielten, so bildete sich jeweils vor unserem Mund nebliger Hauch.
Ich selbst schärfte mit jedem Tag den Begriff und kam schon bald zum Schluss, dass sich Diversity Design eher zur Beurteilung von Design eigne und weniger für eigene Entwürfe. Ich steuerte also während des Workshops auf einen Kriterienkatalog hin, mit welchem man designte Gegenstände auf ihre Diversitätstauglichkeit hin hätte prüfen können. Womit ich die gestaltungswilligen Jungen und Mädchen mächtig frustrierte, denn sie waren schon dabei, spezielle Handgriffe für die U-Bahn zu entwerfen und Schirme für Armlose.
Ich musste ihnen sagen, dass es dafür schon genug andere Design-Begriffe gebe und dass vielleicht solche Schirme Handicapierten zwar entgegenkommen mögen, aber für unsereins mit Armen nicht gerade praktisch seien und lächerlich aussähen.

Meine Bemühungen, einen Qualifikationsbegriff wie Diversity Design zu entwickeln, der vorhandenes Design in gut und weniger gut unterteilen könnte, und Design, das sich besonders gut für unterschiedlichste Gebrauchsgruppen eignet, mit einem Qualitätslabel auszuzeichnen, stiessen nur auf lauwarme Begeisterung. Während ich zunehmend zufrieden war, meinen Kopf aus der Schlinge gezogen zu haben, beobachtete ich eine untröstliche Ernüchterung, welcher ich nichts entgegenzustellen vermochte. Das tat mir ausgesprochen leid, und ich versuchte, am letzten Tag in der Feedback-Runde unseren Workshop selbst als eine diverse Veranstaltung zu positionieren, in welcher jede und jeder mit ihren und seinen je eigenen Erwartungen und Vorstellungen hineingegangen war, ohne genau zu wissen, was sie oder ihn erwartet, und wo alle auf unsicherem Terrain ihre eigenen Erfahrungen machen mussten und durften. Ich selbst war eigentlich in jenem Moment überzeugt, einen wesentlichen Beitrag zu einer Begriffsbildung geleistet zu haben, musste aber einsehen, mich hier im winterlichen Beijing im völlig falschen Film befunden zu haben.

© Nikolaus Wyss

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