Mittwoch, 27. Juli 2011

Punktlandung

Eines der Drogenflugzeuge Pablo Escobars, aufgebracht in Arauca, als Mahnmal ausgestellt auf dem Gelände der örtlichen Polizei
Das Alter bringt es mit sich, dass man sich langsam Gedanken macht, wie man sterben wird bzw. sterben möchte. Wer wünschte sich dabei nicht eine Punktlandung, ein genaues Aufsetzen auf der Piste des Todes nach einem Leben wie im Flug, mit Höhen und Tiefen zwar, aber immer mit Aussicht? Wie wir alle wissen, haben Anflüge ihre Tücken. Gewitter könnten herrschen und Böen, gern beeinträchtigen Nebel die Sicht und zwingen zum Durchstarten. Viele sagen, die damit gewonnene Ehrenrunde sei das Schönste gewesen in ihrem Leben, für andere aber bedeutet sie nur die Verlängerung ihrer Qualen. Und was ist, wenn man zwar landet, aber über das Pistenende hinaus schliddert und zum Schluss im Sumpf stecken bleibt und von Hilfskräften geborgen werden muss, um dann unangemessen zu einem allzu späten Zeitpunkt am Tropf zu sterben?

Momentan beschäftigt mich der Gedanke, wie sehr ich beim Nachdenken über den Landeplatz meiner finalen Destination die Chancen auf eine Punktlandung beeinflussen könnte. Vergrössere ich sie, wenn ich Mitglied von Exit werde? Oder ist die Unbesorgtheit die beste Pilotin? 

 

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Montag, 25. Juli 2011

Auto-Kunst

Im BMW-Museum München wird gegenwärtig unter dem Titel "BMW Art Cars" eine Ausstellung mit von Künstlern bemalten Autos gezeigt. Darunter finden sich Realisationen von Alexander Calder, Frank Stella, Roy Lichtenstein, Andy Warhol, A.R. Penck, Sandro Chia, Jenny Holzer, Olafur Eliasson, Jeff Koons und anderen. Ein für mich eher peinliches Beispiel von künstlerischen Äusserungen, weil fast jeder mit Blick aufs Portemonnaie das tat, wofür er mit seinen Bildern und Skulpturen bekannt geworden ist. Kaum eine Überraschung. Die meisten ausgestellten Autos sehen aus, als ob der Carrossier aus der Nachbarschaft im Auftrag eines Kunst-Freaks ein paar Bilder bekannter Künstler vom Netz herunter geladen und dann mit Folien auf die Autos geklebt hätte. Es gibt schon Gründe, so meine Schlussfolgerung, dass jemand Bilder malt und keine Autos bemalt. Peinlich also, dass sich die Künstler für so etwas hergegeben haben, die unlautere Absicht ist sichtbar.

Hier v.l.n.r. Rauschenberg, Warhol und Lichtenstein.













Es gibt aber auch eine beeindruckende Ausnahme: Jenny Holzer. Sie war sich nicht zu schade, ein paar Gedanken für diesen Auftrag zu verschwenden, und sie versuchte, sich in die Welt eines Rennfahrers zu versetzen und dafür Worte zu finden.

Jenny Holzer Rennwagen-Inschriften: The Unattainable is invariably attractive / Lack of Charisma ca be fatal / Monomania is a prerequisite of success / You are so complex you don't respond to danger / What urge will save us now that sex won't / Protect me from what I want.

Mittwoch, 20. Juli 2011

Professionelle Zuneigung


Etwas, das man mit der Zeit schätzen lernt, ist die bezahlte Zuneigung. Man weiss, dass sie nicht mich als besonderes Individuum meint sondern mich als Kunde und Klient. Im Gegensatz zu früher, wo ich meinte, die Leute seien nur nett zu mir, weil ich jung, verführerisch und sympathisch aussah. Ich hätte es als Beleidigung empfunden, wenn mir diese Aufmerksamkeit lediglich mit Blick auf mein Portemonnaie geschenkt worden wäre. Und am Schluss der Prozedur bezahlte ich eher aus Gefälligkeit und nicht, weil ich dazu verpflichtet gewesen wäre.
Und jetzt fordere ich genussvoll diese angenehme Aufmerksamkeit ein, ich bezahle schliesslich dafür, mag ich auch der grösste Kotzbrocken sein...

Montag, 18. Juli 2011

English please?

Es mutete mich in den 70er Jahren immer etwas aufgesetzt und ambitiös an, wenn Schweizer Pop-Bands ihre Songs auf Englisch vortrugen. Wollten sie sich damit von ihrer helvetischen Herkunft befreien? Oder hofften sie vielleicht darauf, sich mit ihrem Englisch den Zugang zum internationalen Markt zu ebnen? Nur den wenigstens gelang es. So fielen sie zwischen Stuhl und Bank, denn das einheimische Publikum konsumierte durchaus englische Songs, aber bitte direkt importiert aus Kalifornien, New York oder England, aber nicht unbedingt aus der Schweiz! Diese unglückliche Konstellation mochte der Nährboden für den Dialekt in den Popmusik gewesen sein, eine Nische sozusagen, wo Rumpelstilz und andere sich breitmachen konnten.

Im Zeitalter von Facebook bin ich selber in die Zwickmühle des adäquaten Sprachgebrauchs geraten. Sollte ich vielleicht doch besser Englisch kommunizieren, schliesslich spricht ein Viertel meiner Facebook-Freunde nur Englisch. Wenn ich aber auf Englisch "posten" würde, so stiesse ich bald schon an die Grenze meines Sprachvermögens. Was ist zu tun?

Vier Strategien bieten sich an:

1. Einzugestehen, dass meiner Kommunikationslust trotz grenzenloser Vernetzung Barrieren entgegen stehen? (local choice)
2. Meine Freunde zu differenzieren in ein englischsprachigen und in ein deutschsprachigen Zielpublikum und beide mit Beiträgen bedienen (diverse communications)
3. Vorauszusetzen, dass meine deutschsprachigen Freunde auch Englisch verstehen und die Peinlichkeit in Kauf nehmen, entweder als ambitiös zu gelten oder als einer, der nicht so gut Englisch spricht (global pitchin choice)
4. Chinesisch zu lernen, weil in 10 Jahren niemand mehr darum herum kommt (anticipative choice)

Sonntag, 17. Juli 2011

Chinoiserie (1)

Bundesrat Ueli Maurer macht eine China-Reise und trifft sich mit Kader-Leuten der chinesischen Militär-Führung. Es geht unter anderem offenbar um die Einsatz-Möglichkeiten der Informatik im Kriegsgeschäft. So habe ich das jedenfalls verstanden. Und schon geht das Geschrei in der Schweiz los: Die Chinesen hätten es darauf abgesehen, unsere Militärgeheimnisse auszukundschaften. Mag ja sein, aber das können sie auch ohne offiziellen Austausch mit der Schweizer Militärführung. Sie hacken ja schon das Pentagon klein und fein, welches über wirklich Geheimes verfügt. Wir hingegen haben laut Pressemeldungen in unserem Verteidigungsministerium einen nicht funktionierenden Salat von IT-Applikationen, der uns schon Abermillionen von Franken gekostet hat und seinen Dienst in keiner Art und Weise versieht. Vielleicht ist China für die Schweiz deshalb von Interesse, um dort Interessantes über IT-Kriegstechnik abzukupfern. So, wie wir früher Kriegsmaterial in den USA eingekauft haben, orientieren wir uns jetzt gen Osten und benützen jetzt Chinesisches, was wir ja im zivilen Umfeld schon heftig tun mit unseren Handys und Computern.

Donnerstag, 14. Juli 2011

Entsorgung

Zu meinem 60. Geburtstagsfest organisierte ich einen Container und führte die Aktion "Entsorgung" durch. Im Container landeten Kinderbücher, Textilien, Schallplatten, Bauklötze und anderes Spielzeug, Teddybären und Schuhe, die meine Welt als Bub ausgemacht hatten. Meine Geburtstagsgäste konnten sich aus diesem Container etwas fischen und mir damit bei der Entsorgung helfen.
Hinter dieser Aktion verbarg sich die Einsicht, es wohl nicht mehr ins Universum der Unsterblichen zu schaffen, denen Museen gebaut werden für Gegenstände wie "die Brille des Dichters" oder "die Schreibmaschine des Schriftstellers" oder "das Piano des Komponisten" oder "das Essbesteck des Gründers" oder "die Schaufel des Gartenarchitekten" oder "der Muesueli des Stadtpräsidenten" etc.
Was also sollen diese ausrangierten Dinge in meinen Keller noch ausrichten, zumal ich - leider - über keine Nachkommen verfüge, denen ich, mit entsprechenden Geschichten versehen, diese Erinnerungsstücke hätte überreichen können.
Und jetzt bekomme ich wenigstens ab und zu zu hören, dass Babar oder andere Kinderbücher bei mir unbekannten Kindern eine neue Karriere machen, dass meine Teddybären die Nächte mit neuen Liebhaberinnen und Liebhabern verbringen, und dass die eine oder andere Schallplatte bei Vinil-Fans voll eingeschlagen hat.