Endlich kann ich hier einmal ein griechischstämmiges
Eigenschaftswort verwenden, das ich während meines Volkskundestudiums lernen
musste. Es veredelte damals den akademischen Anspruch dieser Studienrichtung
ungemein. Es heisst apotropäisch. Das
Wort bezeichnet die Eignung von Objekten oder Handlungen, Unheil abzuwehren. Es
meint somit das, was man gerne Amuletten, Talismanen, Maskottchen und
Glücksbringern zuschreibt.
Meine Geschichte ist simpel: Als ich
mich in den 1970er-Jahren zum ersten Mal anschickte, nach New York City zu
reisen, ging dieser Stadt der Ruf einer gefährlichen Räuberhöhle voraus. In der
U-Bahn würde geschossen, so konnte man es der Presse regelmässig entnehmen,
Überfälle am helllichten Tag waren gang und gäbe, knallharte Strassengangs
tyrannisierten ganze Stadtteile ... Item, meine Mutter hatte Angst, mich allein
dorthin ziehen zu lassen, auch wenn es sich nur um ein paar wenige Tage
handelte, und sie liess sich von einer Freundin beraten, womit mir in dieser
Stadt wohl am besten geholfen wäre.
Die Lösung ihrer Sorge war sowohl
verblüffend als auch logisch. Eine Trillerpfeife sollte es richten. Bei Gefahr
schlug man damit einfach Alarm, indem man die Räuber, die einen umzingelten,
schrill verpfiff und so die Umgebung auf die eigene Notlage aufmerksam machte.
Seither bewaffne ich mich bei fast
allen meinen Ausflügen in gefährliche Gegenden mit so einem Instrument. Die
Trillerpfeifen wechselten, der Schutz ist geblieben. Es ist sogar so, dass ich
hier in Bogotá schleunigst nach Hause zurückkehre, wenn ich bemerke, dass ich
sie vergessen habe. Habe ich mich schon zu weit von meinem Zuhause entfernt,
suche ich in der Stadt als erstes einen Chinesen-Laden auf, der solche Dinger
feilbietet, um mich mit einem Ersatzschutz abzusichern.
Tatsächlich geschahen die paar
Überfälle, die mir in meinem Leben widerfuhren, immer dann, wenn ich die Pfeife
nicht auf mir trug. Das Apotropäische meiner Trillerpfeifen scheint mir damit
genügend ausgewiesen.
© Nikolaus Wyss
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1 Kommentar:
die Idee ist verlockend, aber ob ich die im meiner Chaostasche gleich finden würde? Jedenfalls ist uns in NY vor 4 Jahren nichts passiert, obwohl wir 4 Wochen in Harlem wohnten....
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