Samstag, 7. Januar 2017

Bis auf die Unterhosen


Da meine teuren Tommy Hilfiger-Jeans meine Haut im Schritt reizen, ging ich gestern zu Arturo Calle, einem kolumbianischen Herrenmode-Geschäft mit Filialen überall im Land und darüber hinaus in Costa Rica, El Salvador und Panama, und erstand mir gegen weitere Reizungen schöne, weich-flauschige Boxer-Unterhosen. An der Kasse, und deshalb erzähle ich dies überhaupt, fragte mich die junge Dame nach der Nummer meiner ID, nach meiner Adresse und nach meiner Telefonnummer. Das scheint hier üblich zu sein. Alle Käufe werden hier fein säuberlich im System festgehalten, ob im Supermarkt oder bei Juan Valdez, der kolumbianischen Variante von Starbucks. Und auf der Quittung steht dann dein Name, den du an der Kasse gar nie genannt hast. Denn die Registrierkkasse liess ihn sich schnellschnell und automatisch von der Einwohner-Datenbank des Landes geben.

So wird jeder Einkauf zum Staatsakt. Jeder Konsum wird registriert. Und wenn schon der kolumbianische Präsident und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos von meinem Boxershort-Einkauf und von meinen Konsumgewohnheiten erfährt, so scheint es mir das Mindeste zu sein, auch meine Bekannten und Freunde davon wissen zu lassen. Übrigens hinterliess ich eine falsche Telefonnummer. Das geht auch. Das war meine kleine, ohnmächtige Intervention gegen meine Entkleidung bis auf die Unterhosen. 

© Nikolaus Wyss

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